46. Tag, Mittwoch, 21.08.2013; Tanganjika-See/ Tansania
Temperatur: 30° C,
Tagesstrecke: 647 km, Gesamtstrecke: 15.551 km, max. Geschwindigkeit: 37 km/h
BPI: 2,0
„An Bord der ‚Rwegura‘ “
Unser Nachtlager ist auf dem windigen Vordeck, direkt auf einer der Ladeklappen des Zementfrachters „Rwegura“. Der Wind bläst uns um die Ohren und früh morgens wird´s dann deutlich kühler auf dem Tanganjika-See. Es hat aufgefrischt, die Dünung zugenommen, ab und zu spritzt nun ordentlich Gischt über die Reling.Von dieser unfreiwilligen Morgendusche werde ich wach. Der erste Gedanke: Mist, es regnet – doch die Sonne steht wie eh und je schon wieder am Himmel. Raus aus dem Schlafsack und gut festhalten – sonst fliegt der und alles andere weg! Fast hätte es unsere Schlafunterlage von „Rudi“ erwischt. Frühstück im Aufenthaltsraum mit den restlichen Baguettes vom Vorabend, dazu etwas Schinken, Salami, Käse, Honig plus türkischen Kaffee.
Wir haben in Bujumbura in Burundi reichlich aufproviantiert, der Tanganjika-See ist rund 670 km lang, unsere Reise dauert anderthalb Tage mit zwei Nächten an Bord! Allemal die bessere Option als über holprige Pisten durch Tansania zu rumpeln. Die Demokratische Republik Kongo auf der anderen Seite des Sees ist trotz vorhandenem Visum keine Option. Ebenfalls schlechte Wegverbindungen und die Unruhen im Land mit andauernden Scharmützeln zwischen den Rebellen der M23 und der kongolesischen Armee sind wieder neu aufgeflammt. So fahren wir mitten durch das Rift Valley, den Ostafrikanischen Grabenbruch – hervorgerufen durch tektonische Verschiebungen, der hier auseinanderdriftenden Erdplatten – der sich wie eine tiefe Wunde von Norden nach Süden zieht. Der Tanganjika-See ist daher der zweittiefste Binnensee der Erde. Das Panorama ist großartig. Zur Linken die sich hoch auftürmenden Vulkanberge der unwegsamen, tansanischen Küste – zur Rechten taucht ab und zu die kongolesische Seite am Horizont auf. Und in der Nacht flackern an den Ufern überall Feuer auf.
Den einzigen Aufenthaltsraum an Bord teilen wir uns ja seit gestern mit mehreren burundischen Passagieren: junge Typen, Frauen und Kinder, die hier auch ihr Nachtlager haben. Sie lümmeln nun den ganzen Tag auf den Matratzen rum und schauen trashige Actionfilme oder Liebesschnulzen vom DVD-Player. Unser Bordleben sieht so aus: Duschen, Wäsche waschen, die nächsten Reiserouten vorplanen, Reiseberichte schreiben, Fotos der vergangenen Tage hochladen, auf dem Vordeck sonnen. Die entspannte Atmosphäre wird dann jäh gestört: Der Käpt´n will das Schiff putzen lassen. Komplett! Unsere Rucksäcke, die in dem Quergang unterhalb der Brücke lagern, müssen weggeräumt werden. Wir verziehen uns alle Mann auf´s Vordeck, sitzen in der Nachmittagssonne und harren der Dinge. Das Schiffsdeck wird von hinten nach vorne mit reichlich Wasserzufuhr von vier Mann der Besatzung ordentlich durchgeschrubbt. Habe mich schon gefragt, was die eigentlich alle an Bord machen! Das ist die Auflösung – und es dauert. Zum Zeitvertreib spielen wie mehrere Runden Werwolf. Zum ersten Mal gewinnen auch mal die Dorfbewohner gegen die hungrigen Werwölfe. Manche von uns sehen auch schon wirklich so aus.
Abends dann langwierige Kochaktion für Spaghetti mit Gemüsesoße! Es gibt nur ein, zwei Platten in der Kombüse, die ständig belegt sind – der Schiffsmutje kocht wirklich den ganzen Tag lang für die Besatzung und andere Mitfahrer – wir müssen da dazwischen. Kochen in Etappen für Hoffi. Endlich mal wieder was lecker Warmes – so war dann aber auch das Bier danach, erworben vom Käpt´n. Als dann während des Dinners ein junger, mit Frau und Schwester mitfahrender Burunder wieder so ein schräges Hassprediger-Video einlegt – weil er nichts mehr anderes sonst dabei hat, wie er meint – überrede ich ihn, doch lieber die DVD mit den ugandischen Musikvideos einzulegen, welche mir Nelly in Kampala als Geschenk überreicht hat. Das kommt gut an, die Stimmung ist gerettet und es wird noch ein schöner lauer Sommerabend an Bord der „RWEgura“ – trotz dieses doch sehr bedenklichen Schiffnamens.